Choro - Eine Brasilianische Volksmusik
Den Choro kann man als die ursprüngliche brasilianische Volksmusik bezeichnen. Sie ist die Musik, aus der letztendlich die heute weltweit so populären Stile wie Samba und Bossa Nova entstanden sind. Der Choro wiederum entstand durch die Verschmelzung europäischer Einflüsse wie Polka und Walzer und den Traditionen der afrikanisch-stämmigen Bevölkerung.
Charakteristisch ist die Instrumentation mit verschiedenen Saiteninstrumenten wie der Gitarre, dem viersaitigen Cavaquinho und der Mandoline (im Bild). Die Melodien sind oftmals virtuos gestaltete Sechzehntel-Läufe, die rhythmische Begleitung zeigt schon Elemente des Samba, während die harmonischen Grundlagen noch deutlich einfacher sind als im Bossa Nova.
Einer der bedeutendsten Musiker und Begründer des Choro war Joaqium Calado, der Ende des 19ten Jahrhunderts in Rio de Janeiro lebte. Ihm folgten unter anderem Ernesto Nazareth und vor allem Pixinguinha, den Tom Jobim als einen seiner größten Einflüsse bezeichnete. Für die Gitarre sind vor allem die Kompositionen von Joao Pernambuco und Heitor Villa-Lobos bekannt geworden.
Einer der berühmtesten Choros ist Tico Tico von Zequinha de Abreu:
Stiltypische merkmale des Choro
Die Melodie von Tico Tico ist ein typisches Beispiel des Choro-Stils – eine virtuose, fast solo-artige Melodielinie, die ohne Atempause die Musik antreibt. Die Harmonien wiederum können sich entspannt zurücklehnen und gehen nur sporadisch über die Grundfunktionen der Tonalität hinaus.
Um sich mit dieser Spielweise vertraut zu machen, ist neben einer gründlichen Vorbereitung der Tonleitern über das gesamte Griffbrett die Sicherheit in den rhythmischen Figuren auf Sechzehntel-Ebene notwendig.
Die Rhythmen Im Choro
Die Sechzentel-Figuren im Choro setzen sich vor allem aus Kombinationen von 4 oder 3-Noten Gruppierungen zusammen. So findest du in der Melodie von Tico Tico vor allem die letzte der hier gezeigten Kombinationen.
Anhand der üblichen Sprechsilben werden die Rhythmus-Muster zunächst ohne Instrument erarbeitet. Die weitere Einübung erfolgt zum Metronom – auf einzelnen Noten oder in Tonleiterfolgen – und als Begleitmuster in Kombination mit Akkordgriffen.
Höre dir ein weiteres Beispiel an: das Stück Odeon des bereits erwähnten Pianisten Ernesto Nazareth.
Die Akkorde im Choro
Wieder begegnet man ähnlichen Rhythmen, diesmal in Kombination mit Akkordgriffen. Insbesondere die letzte Zeile dieses Beispiels ist typisch für eine Akkordbegleitung im Choro-Stil.
Auffällig sind zudem die vielen Umkehrungen in der Akkordbegleitung. Die Harmonien an sich repräsentieren nach wie vor ausschließlich die Grundfunktionen sowie drei weitere Akkorde, die Zwischendominanten E7, C7 sowie den entlehnten Akkord D7.
Durch die melodische, abwärtsleitende Basslinie (in Zeile 1: von G bis A) entstehen Veränderungen in der Akkordstruktur. Diese Umkehrungen kommen in Choro-Stücken häufig vor und verleihen den einfachen Akkordfolgen eine besondere Note.
Choro-Stücke sind durch ihr schnelles Tempo und die virtuosen Melodie-Läufe nicht unbedingt für den Einstieg in die Welt der brasilianischen Musik prädestiniert. Spätestens wenn man sich intensiver mit den Wurzeln des Samba und Bossa Nova beschäftigt, ist es sehr empfehlenswert, sich mit dieser Musikrichtung auseinander zu setzen.