Die Synkope II: Off-Beat-Phrasierung

"Syncopated" oder "Off-Beat"?

Die klassische Bedeutung der Synkope und ihre Anwendung wurden bereits im ersten Teil besprochen.

Große Teile der heutigen Pop-Musik („Backbeat“) sowie auch afroamerikanische Musik wie Jazz oder Bossa Nova machen Gebrauch von der Akzentverschiebung gegen den Grundpuls in Begleitung und Melodie. Die klassischen Regeln von Spannung und Auflösung findet hierbei aber oft keine Anwendung. Insofern ist der Begriff der „Synkope“ nicht mehr zeitgemäß, wird aber vor allem im amerikanischen Sprachgebrauch oftmals synonym zu der Bedeutung „auf der schwachen Zählzeit“ oder „off-beat“ genutzt.    

Im Bossa Nova sind viele Melodien und Rhythmen stark „synkopiert“, also gegen den Grundpuls verschoben und zwar nicht nur auf eine Grundzählzeit (2 oder 4), sondern je nach Notation im Achtel- oder Sechzehntel-Bereich. Es fällt daher oftmals schwer, diese Rhythmen präzise auszuführen. 

Ein typisches Beispiel sind die ersten vier Takte von Antonio Carlos Jobims Desafinado, wie zum Beispiel in diesem Arrangement von Quincy Jones. Durch die akzentuierte Phrasierung des Hornsatzes ist deutlich wahrnehmbar, wie die Melodie sich gegen den Groove reibt.         

Der Notensatz der Gesangsstimme kann folgendermaßen aussehen: Nahezu jede Note befindet sich auf einer unbetonten Zählzeit zwischen den Hauptschlägen. 

Es empfehlen sich folgende Übungen, um eine solche Phrase zu meistern und generell das Gefühl für Off-Beat-Phrasierung zu stärken.

Übungen zur Off-Beat-Phrasierung

Hier ist eine einfache Übung im 4/4-Takt und deren Entsprechung im 2/4-Takt. 

Im folgenden Beispiel wird die letzte Note (der erste Schlag des zweiten Takts) „vorgezogen“ und auf die letzte Zählzeit des ersten Taktes gelegt (die 4+ im 4/4-Takt bzw. entsprechend die 4d im 2/4-Takt). Es entsteht eine Schwerpunktverschiebung, allgemein als „vorgezogene 1“ bezeichnet. 

Es ist wichtig, diese Akzentverschiebung als ein Vorwegnehmen, und nicht als ein Nachreichen der rhythmischen Information zu fühlen. Dieser subtile Gedanke kann einen Unterschied in der Phrasierung machen und dabei helfen, die für diese Musik so typische Vorwärtsbewegung zu erzeugen.

In den folgenden Beispielen wird jeweils eine weitere Zählzeit vorgezogen, bis am Ende nur noch der erste Schlag auf der schweren Zählzeit 1 liegt. 

Spielt man diese Rhythmen nun ohne den „Pausentakt“ (den jeweils zweiten Takt aus den Beispielen), so erhält man einen konstant nach vorne treibenden Melodie-Rhythmus, der sich konsequent dem Grundpuls entzieht – ganz wie bei „Desafinado„!

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